Japan war eines der ersten Länder, das auf den sich auch außerhalb Chinas immer weiter ausbreitenden Corona-Virus mit Maßnahmen wie Schulschließungen reagierte, als diese dem Rest der Welt noch drastisch schienen. Dann lehnte sich Japan in der Überzeugung, alles nötige getan zu haben, für Wochen zurück und tat nichts weiter. Gut, nachdem die Kritik aus dem Ausland immer lauter wurde und Kanada und China letztendlich drohten, keine Athleten zu schicken, verschob man endlich die Olympischen Spiele ins nächste Jahr. Aber ansonsten ließ man alles erst einmal weiterplätschern. Wer wenig testet, sieht sich so schnell auch nicht mit explodierenden Zahlen konfrontiert, und so hatte man lange im Ausland anscheinend auch den Eindruck, Japan würde das ganze gut im Griff haben.
Pendeln zur Arbeit nach dem „soft lockdown“ letztes Wochenende
Nun sind wir mit den Zahlen also im vierstelligen Bereich und die Kurve wird immer steiler. Vielleicht die Rechnung für das eine Wochenende mit wunderschönem Wetter, das viele genutzt haben, um Kirschblütenpartys zu feiern. Vielleicht kommt diese Rechnung aber auch erst noch. Doch bisher sind die einzigen Maßnahmen, die Japan zusätzlich zu den Schulschließungen ergriffen hat, die Bitte, am Wochenende und nach Arbeit zu Hause zu bleiben, und Orte wie Karaoke-Bars und Clubs zu vermeiden. Wenn man sich dann am Montag wieder in das Pendlerchaos werfen muss, fragt man sich natürlich schnell, was diese „soft lockdowns“ am Wochenende bitte bringen sollen. Dieses Foto ist zudem AUSSERHALB der Rushhour um 9:30 entstanden.
Mit den immer weiter steigenden Zahlen – und die muss man auch erst mal haben, wo Japan kaum testet*, man stelle sich also die Dunkelziffer vor – gerät die Regierung immer mehr unter Druck, aber keine Sorge, Abe hat die Lösung in zwei Masken und Xenophobie gefunden! Soll heißen:
*Japan hat seit Februar GESAMT so viel getestet wie Südkorea derzeit JEDEN TAG testet.
Die Regierung plant, jedem Haushalt zwei Stoffmasken zukommen zu lassen. ZWEI. Nicht nur, dass gerade Stoffmasken von der WHO nicht als nützliche Maßnahme eingestuft werden, nein, zwei pro HAUSHALT, nicht Person. Wer alleine lebt, juhu. Wer Kinder hat, tja. Der Spott und auch der Ärger über diese „Maßnahme“ folgten zumindest auf Social Media prompt.
Eine andere Maßnahme, die ein wenig unter allen Radaren hindurchgeflogen zu sein scheint, ist die Abschottung Japans vom Ausland und allem Ausländischen. Gut, Reisebeschränkungen sind zu einem bestimmten Grad sinnvoll und auch andere Länder haben sie eingeführt, aber meist doch nur für Touristen. In Japan hingegen gilt ab heute eine Regelung, nach der ausländische Einwohner nicht wieder einreisen dürfen, wenn sie Japan verlassen**. Dass man hier lebt, arbeitet, SEINE STEUERN ZAHLT, ein gültiges Visum hat und vielleicht sogar ein permanentes Aufenthaltsrecht besitzt, spielt dabei keine Rolle. Angehörige der japanischen Staatsbürgerschaft können einreisen, Ausländer nicht. Ist man jetzt als Ausländer ansteckender oder was?
**Ausgenommen sind davon nur Inhaber eines besonderen permanenten Aufenthaltsrechtes (特別永住者) unter das nur Leute fallen, die Vorfahren haben, deren Länder mal unter japanischer Herrschaft standen, also Korea und Taiwain.
Das Ganze wäre ein schlechter Witz, wenn es nicht so dramatisch wäre. Ein permanentes Aufenthaltsrecht ist plötzlich genauso viel wert wie ein Touristenvisum, und falls man aus irgendeinem Grund das Land verlassen muss – Krankheits- oder Todesfall zum Beispiel -, muss man das nun in dem Wissen tun, vorerst nicht wieder einreisen zu dürfen. In der Familie im Ausland passiert also hoffentlich für eine Weile erst mal nichts, was einem zur Ausreise zwingen würde. Und das während Japaner unbeschränkt weiter ein- und ausreisen dürfen. Als ob es einen Unterschied machen würde. Und war für ein Zeichen das auch wieder setzt. Das Problem sind die anderen. Solange wir die Ausländer kontrollieren und einschränken, ist alles fein. Keine Ahnung, wie legal die ganze Sache ist, aber sie regt mich seit gestern so wahnsinnig aus. Na, in ein paar Tagen werden wir ja sehen, ob diese „Maßnahmen“ die Ausbreitung des Corona-Viruses einschränken wird, oder ob Japan sich langsam mal Gedanken machen muss, was man neben Rassismus und nutzlosen Masken sonst noch so auf die Bevölkerung loslassen kann.