Eine Geschichte über Dämlichkeit

Wir unterbrechen die Umzugs- und Wohnungposts für eine Geschichte über Dämlichkeit, die doch noch ein gutes Ende hatte. Und das passiert bei mir eher selten. Also nicht die Dämlichkeit, sondern das gute Ende ^^; So, hingesetzt und zugehört … äh … aufmerksam gelesen!

Freitag früh. Ich wollte gerade noch ein wenig Abwaschen, das klingelte das Handy, das ich in der Hosentasche bei mir führte. Da ich noch darauf wartete, dass das Wasser eine dem Abwaschen angemessene Temperatur erreichte, ließ ich es laufen und wollte den Anruf beantworten. Leider unterschätzte ich den Schwung, mit dem ich mein Handy aus der Hosentasche holte, und auch die Treffsicherheit, mit der ich es ins Waschenbecken beförderte. Sofort fischte ich es aus dem Wasser, aber es war schon zu spät: Es brutzelte, es zischte, und dann war es tot. 10 Sekunden brauchte ich, bevor sich die blanke Panik in mir breit machte. Mein vor gerade einmal 2 Monate erstandenes, noch lange nicht abbezahltes iPhone war tot! AAAHHH!!! Und das auch noch aus eigener Dämlichkeit!!! Dafür würde doch kein Anbieter der Welt aufkommen!!!

Panisch griff ich mir meinen Computer und recherchierte, was man nun tun könne.

„Föhnen!“ – „Nicht föhnen, das schmilzt innen drinnen alles zusammen!“ – „Auseinanderbauen!“ – „Nicht auseinanderbauen, sonst verlischt die Garantie!“ – „In eine Tüte mit Reis stecken, das saugt die Feuchtigkeit auf! Aber mindestens eine Woche drin lassen!“ … … … Ja, ich hatte Reis im Haus. Ja, ich habe mein iPhone in einen Ziploc-Beutel mit Reis gesteckt. Mit dem werden wir im Laufe dieser Erzählung noch eine wenig Spaß haben, glaubt mir.

Da saß ich also, schon 20 Minuten zu spät für Arbeit – zum Glück haben wir Gleitzeit – komplett fix und fertig neben einer Tüte Reis, in der mein gewässertes iPhone steckte, und absolut überfordert mit der Frage: „Was nun?“ Kei wusste die Antwort: „Geh zu einem Reparaturservice, Mensch!“ Problem dabei: Es war halb 9 Uhr morgens, und in Japan machen die meisten Läden nicht vor 9, die allermeisten aber nicht vor 10 Uhr auf. Okay, also erst mal auf in Richtung Arbeit und dort dann nach einem Laden suchen! Meine Arbeit ist in der Nähe von Shinjuku und in Shinjuku gibt es doch alles!

Ich gab also meiner Kollegin Bescheid, dass es später werden würde und ich mich auch von unterwegs leider nicht melden könne, packte meine Tüte Reis in meine Handtasche und machte mich auf den Weg. Tatsächlich hatte an meinem Bahnhof wirklich auch noch nicht ein einziger Laden geöffnet. Also rein in die Bahn und ab in Richtung Shinjuku!

Es war inzwischen halb zehn, als ich endlich in Shinjuku ankam. Ein Reparaturshop für Handys ließ sich halbwegs leicht finden, aber das war nicht ganz das, was ich wollte. Man könne das iPhone aufschrauben und alles trockenlegen, dann könnte es eventuell wieder funktionieren. Eventuell aber auch nicht. Würde 20,000 Yen kosten (ein bisschen weniger als 200 €), egal mit welchem Ergebnis. Außerdem würde meine Garantie erlöschen, wenn man das iPhone aufmachen würde, da sei Apple sehr streng. Na toll …

Nächste Anlaufstelle: ein au-Shop. Und der war gar nicht mal so leicht zu finden! Man denkt, in Shinjuku gibt es alles 1.000 Mal, aber eigentlich ist alles nur voll mit Fressbuden. Ich musste echt ordentlich weit laufen, bevor sich mir das erste orangefarbene au-Schild präsentierte.

Kurz vor dem Betreten fiel mir ein, dass ich mein Handy zu Präsentationszwecken vielleicht aus seiner Reisbehausung befreien sollte, das käme am Tresen doch sehr … dämlich … Also iPhone rausgefischt, Reisstaub abgewischt und schööön, da klebte ein fettes Reiskorn in der Buchse für die Kopfhörer. Die und andere Öffnungen hätte ich vielleicht vorsorglich abkleben sollen. Mit Mühe und Not bekam ich das scheiß Reiskorn rausgepopelt – jetzt stelle man sich mal vor, ich hätte das nicht geschafft und hätte das so vorzeigen müssen O_o

Tja, aber zum Vorzeigen kam es im au-Shop gar nicht. Apple-Produkte würde man hier nicht annehmen, dafür müssen man schon in einen Apple-Store gehen. Einen würde es im ビックロ, bikkuro, geben. IM WAS? Im ビックロ, diesem unglaublich seltsamen Zusammenschluss von Uniqlo und Big Camera, der so eigentlich überhaupt keinen Sinn ergibt, weil es die gleichen Produkte wie in jedem anderen Laden von denen gibt und man sich nur etwas seltsam die Verkaufsfläche teilt. Sei’s drum, ab zum ビックロ!

Ich möchte hier nebenbei nur mal erwähnen, dass ich die gesamte Zeit aus offensichtlichen Gründen OHNE NAVI unterwegs war und trotzdem alles gefunden habe, obwohl ich doch sonst den Orientierungssinn einer kaputten Kompassnadel habe. Ich bin im Nachhinein sehr stolz auf mich!

Die Big Camera-Abteilung des ビックロ hat in der BF2-Etage einen kleinen Apple-Store. Es war gerade 10 nach 10, der Laden hatte eben erst aufgemacht und es warteten noch nicht viele Leute, ich wurde quasi sofort bedient. Ich schilderte mein Missgeschick und rechnete mit rund 300€ und 3 Wochen Wartezeit oder so ’nem Spaß. Dank Apple-Care bezahlte ich 7,800 Yen, etwa 65€, und wartete nur 5 Minuten. Man tauschte mir das Gerät einfach um. Vor Erstaunen durchschlug mein Kinn fast die Theke. Bis zum Schluss wollte ich der Sache nicht ganz trauen, aber doch, nach ein wenig Papierkram und 7,800 Yen überreichte man mir ein neues iPhone O___o Danke, Apple-Care, dass auch Dummheit abgedeckt wird! SO ein fetter Stein fiel mir vom Herzen! Und zusammen mit meiner Tüte Reis schaffte ich es zu einer gerade noch verträglichen Zeit an meinen Arbeitsplatz.

Und ja, die Tüte Reis hatte ich immer noch. Sie blieb den ganzen Tag bei mir, begleitete mich zum Mittagessen und in die Kaffeepause, bis ich sie abends in den Papiermüll unter meinem Schreibtisch beförderte. Ich hoffe, wer auch immer den für mich ausgeleert hat, hat zu Hause eine lustige Geschichte über die seltsame Ziploc-Tüte Reis im Papiermülleimer einer Angestellten erzählen können 😛

Nachtrag: Angefangen zu tippen habe ich diesen Beitrag am Samstag. Inzwischen ist es Montag Abend und auf meinem neuen Handy hackt der Touchscreen. Aber nur, wenn ich das Handy aufrecht benutzte, quer geht sie. Ganz klasse, dass ja auch wirklich jede App dieser Welt quer benutzbar ist orz Hm… noch mal umtauschen oder was? Hab eigentlich keine Lust. Während durch ein Backup von iTunes alle meine Daten, Fotos und Co. noch vorhanden waren, war es mein Final Fantasy Agito-Spielstand nicht und HIMMELARSCHUNDZWIRN, ICH SPIEL DOCH NICHT DIE GLEICHEN 4 KAMPAGNEN 3 MAL HINTEREINANDER DURCH!!! Ja, ich weiß … Prioritäten 😛

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2 Antworten zu Eine Geschichte über Dämlichkeit

  1. Julia schreibt:

    Du Arme 😦 Aber das neue Handy liegt doch in deren Verantwortung?
    Mir ist auch letztes Jahr mein Handy kaputtgegangen und ich bin eine Woche mit ner Leihgurke von au rumgelaufen.

    • nagarazoku schreibt:

      Ich hab das Handy inzwischen auch umgetauscht, es war einfach viel zu viel Ärger mit der kaputten Tastatur. Aber um die Speicherstände war es mal wieder schon schade -.- Sowas ist echt ärgerlich und total mendokusai!

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